# Radio Irrtum! 2024/11 - Jingle machine bells Na da hoffe ich mal, dass wir jetzt alle im rechten Licht stehen - hier bei RADIO IRRTUM! der seltsamen Musiksendung; mein Name ist Herr Irrtum! und all das passiert auf den mit mannigfaltigen Amplituden ausgestatteten Frequenzen von Alex Berlin auf 91 Null, und zwar in Mhz auf UKW in und rund um Berlin, genau da aber auch auf DAB+ auf K7D und zudem weltweit im international Stream. Bevor ich Euch darlegen werde, was Ihr heute alles an Musik aufgetischt bekommt, gibt es erstmal einen wunderbaren Pop-Track der mehr Tiefe offenbart, als es zunächst den Anschein hat – und der kommt vom kommenden Album von Schall und Stille und heißt ↓↓↓ **01. Schall und Stille: Fish out of Water | Malers Hüs [A]** ↑↑↑ – Gesungen wird das Lied von Gastsängerin Susanne Balg - und habt Ihr mal auf den Text geachtet? Es geht hier um nichts Geringeres als die Erfahrung einer Depression. Wenn Du wie ein Fisch außerhalb des Wassers bist. Kraftlos und nicht mehr in der Lage, irgendetwas zu tun. In Sicht aber nie in Reichweite ebenjenen Wassers, wo all das Leben spielt, aber Du… bist nicht dabei. Und Deine sogenannten “Freunde” wenden sich ab, weil sie gar keine sind. Aber am Ende des Songs ist die Ebbe vorbei, das Wasser kehrt zurück. Ein warmes, optimistisches Ende. Was so verdammt schwer zu erreichen ist. Das Album “Malers Hüs”, also aus dem Plattdeutschen übersetzt des Müllers Haus, erscheint voraussichtlich am 6. Dezember. Soviel *zunächst\ zu Schall und Stille und damit sind wir mittendrin in [Tellerrand] Mein Name ist Herr Irrtum!, und ja – ich hab mal meine Jingles und Sendungs-IDs erneuert - und das ist keine KI, das ist tatsächlich meine Stimme nach 6 Stunden Auflegen am Stück. Und was kommt denn da heute noch in dieser Sendung? - Chilenischer Folkpop - großartiger Oldskuhl Drum n Base aus Weißrussland - Bassmusik - Drum n Bass. der in IDM übergeht… nur um dann - puren IDM aus Leipzig zu spielen - mit diesem Stil geben wir uns aber nicht zufrieden und geht noch weiter und zwar in die Gefilde der experimentellen Sound Art - Musik aus dem Umfeld des illegalen Psychic Duellings, jaja - feministischen Punk - EBM von heute aber im Stil der frühen 80er - französische Chansons und - stille Piano Musik Und weil das alles nicht genügt, gibt es im Hintergrund das am 28. November erscheinende Album von El Huervo aus Göteborg in Schweden, der vielleicht der ein oder dem anderen aus dem unglaublich blutigen wie auch gutem Indie-Spiel “Hotline Miami” bekannt sein könnte. Viel zu schade für den Hintergrund, aber wir haben eben nur eine Stunde und da muss ich leider Kompromisse machen… lasst uns aber mal ein paar Sekunden rein hören… [El Huervo] Jetzt noch mal was poppiges, aber aus Chile, hier kommt ↓↓↓ **02. Diego Lorenzini: Entrada Liberada | Entrada Liberada – [S]** [mikrofon] Nein, das war nicht Manu Chao sondern Diego Lorenzini aus Chile mit ↑↑↑ . Der ist m.E. einer der kreativsten Geister, die Chile derzeit zu bieten hat und wird auch tatsächlich in diesem Land recht prominent wahrgenommen: So ist er beispielsweise mehrfacher Preisträger des chilenischen “Pulsar Awards” (“Premios Pulsar” heißt das genau genommen) – aber das hindert ihn nicht daran, übrigens genauso wie Schall und Stille – all seine Tracks unter der Creative Commons Lizenz frei verfügbar anzubieten (man darf sie natürlich trotzdem kaufen); ja er betreibt sogar ein eigenes Label dafür, nämlich Uva Robot. Aber ist heute nicht sogar auch: [Saturday] Zeit, um vielleicht einen klassischen Drum- n Bass Club aufzusuchen – und zur Einstimmung dafür jetzt ↓↓↓ **03. Weuoimi: September 6 Tunnels (unfinished private net preview) | /not officially released/ [O]** [ALEX] Diesen Track, der vor dieser Station ID lief, werdet Ihr derzeit höchstwahrscheinlich NIRGENDS finden – das war ↑↑↑. Die Version ist noch nicht mal fertig, er will daran eigentlich noch weiter feilen. Woher habe ich das dann: Tja, es gibt halt Musiker:Innen, die sich in bestimmten Bereichen des Internets jenseits von Redit, Facebook oder Discord aufhalten; in dem Fall in einem Matrix/Elements Raum und sich da ab und an gegenseitig ihre Tracks vorstellen – und genau das hat Weuoimi getan und ich bin gelinde gesagt, sehr beeindruckt. Er macht übrigens nicht nur solche verträumten DnB Stücke, nein, er ist auch im IDM Genre unterwegs, was in dieser Sendung gleich noch eine Rolle spielen wird. Als ich ihn gefragt hab, woher er überhaupt kommt, verriet er mir: Aus Weißrussland und ja, seine Regierung sei sehr problematisch. Klar, das ist sie, aber wisst Ihr: Es spielt doch gar keine Rolle, aus welchem Land Ihr kommt, welcher Nationalität Ihr angehört, welche Hautfarbe Ihr habt oder welchem Geschlecht Ihr Euch zuordnet. Ihr seid zuallererst Menschen! Ihr solltet Euch eigentlich bei niemandem für Eure Regierung entschuldigen müssen – aber offenbar wollen das irgendwelche Leute so hören – ich finde das alles auf mehreren Ebenen sehr traurig. Kommen wir erstmal zu etwas nur sehr entfernt verwandtem hier ist aus dem Genre [Bass] ↓↓↓ **04. EPRØM: Trust (Headland Remix) | Trust (Headland Remix) - [S]** ↑↑↑ Ich hatte drei wirklich gute Bass-Stücke für die Sendung zur Auswahl, und hätte ich die Zeit dazu, ich würde sie alle spielen: Einer davon war der hier, dann gab es noch einen von Unkey und einen von Surreal – dass es jetzt der von Eprom geworden ist, hat einfach was mit dessen Länge von ca. 3min zu tun; die beiden anderen sind wesentlich länger und würden nicht mehr ungekürzt in die Sendung passen. Eprom, spätestens als die eine Hälfte der Shades ist längst im Olymp der Bass-Music Machenden angekommen - ist aber nicht allein nur in diesem Bereich unterwegs, sondern ist ab und an z.B. mit Leuten wie G. Jones auf Acidtrip. Zurück zu DnB was ja vor Eprom hier schon lief… oder ist es überhaupt DnB oder ist es gar IDM? [Intellectual Dance Music] Hier ist jedenfalls ↓↓↓ **05. Objekt: Ganzfeld (DjRUM Remix - Short Edit) ab 0:35 - 5:35 | Ganzfeld [E]** Objekt AUUUUUS Berlin ↑↑↑ war das - jedenfalls ein größerer Einblick in diesen Remix, der ja schon die “kurze Version” dieser Variante darstellt – der tatsächliche DjRUM Remix dauert über 10 min. Und vielleicht sagt ja die ein oder der andere von Euch: Moment, das kenn ich doch?! Tatsächlich ist der ursprüngliche Track 2014 schon erschienen, auf der *B-Seite* einer Platte, die er zusammen mit dem legendären Dopplereffekt veröffentlicht hat und ist dann, trotz seiner extrem ungeraden 147 Bpm zum Track des Jahres bei Resident Advisor gewählt worden. Jetzt, 10 Jahre später, veröffentlicht der in Tokyo geborene aber hier in Berlin lebende Objekt den Track anlässlich der Eröffnung seines eigenen Labels “Kapsela” erneut, und gibt ihn endlich für Remixe frei. Und was hier DjRUM abgeliefert hat, ist ein absolutes Epos finde ich - grandios, egal wie man es drehen oder wenden will. Und dieser DjRUM musste früher oder später mal seinen Weg in diese Sendung finden, gehört er doch seit ca 2010 zu DEN Insidertips überhaupt unter den Londoner Musikproducern, wenn es um polyrhytmische clubby electronic sounds und innovativen Turntableism geht. Aber war das schon reiner IDM? Nein - klassischer IDM kommt heutzutage aus Leipzig: Hier ist: **06. [Notsch]: 175•rvtrvz | Re​-​Rejected Works (22​-​24) [A]** [Alex Chipp] Und vor der Station-ID, das war ↑↑↑ . Und beinahe hätte ich hier gesagt, das ist ein total unbeschriebenes Blatt, aber das stimmt gar nicht → das ist - zumindest auf Bandcamp - sein bereits zehntes Album-Release seit 2021. Und jedes dieser Releases steht unter einer Creative-Commons Lizenz, ist also frei verfügbar… aber selbstverständlich ist man eingeladen, etwas dafür zu bezahlen. Ansonsten gibt sich Notsch (mit SCH und in eckligen Klammern - das hat nichts mit dem Minecraft Erschaffer zu tun) aber vollkommen geheimnisvoll – es gibt von ihm praktisch keinerlei Spuren im Netz und auf meine, zugegeben, ausgesprochen kurzfristige Anfrage per Mail konnte er nicht mehr antworten; vielleicht kann ich ja noch etwas nachliefern, mal sehen. Aber IDM ist ja sowieso für Anfänger, lass uns mal in die richtigen experimentellen Untiefen gehen, hier ist ↓↓↓ **07. Alice Kemp: Private Masticator | K​-​E​-​L (Compilation - Ideal Recordings) [VA]** [Knabbering] ↑↑↑ Das klingt schon ein bisschen so, als ob man einem der Half-Live Monster beim Frühstücken zuhören würde, und nur wenige, die diesen Vorgang auf Audio aufgenommen haben, haben dieses Unterfangen überlebt - eine davon ist eindeutig Alice Kemp aus Devon in England – sie verunsichert mit Performences exerimenteller Musik, Installationen eigener Objekte, Bildender Kunst, eigener Stories sowie Lo-fi Videos die Kunstbühnen dieser Welt. Aber wusstet Ihr, was Psychedelic Duelling ist? Ich erkläre es gleich (es ist eh illegal), aber über den Vibe von folgendem Stück bekommt Ihr auf jeden Fall schon mal eine Ahnung davon; hier sind ↓↓↓ **08. Rapid Eye Electronics Ltd (R.E.E.L.) | The Vision and The Voice (A Bag Full of Elbows) 0:30 - 4:40 | Musicke for Psychedelic Duelling vol. 3: The Loplop Pit [A]** [Mikrofon] ↑↑↑ Ja was ist dieses seit 1989 verbotene Psychedelic Duelling? Da stehen sich die beiden Duellanten gegenüber und müssen versuchen, ohne jeglichen Körperkontakt und ohne irgendwelche Waffen, sondern nur mit Worten, Musik und optischen Irretationen, etwa hypnotischen Dance-Moves, den Gegner zu Fall zu bringen. Dabei müssen beide Duellanten regelmäßig psychoaktive Drogen konsumieren. Der letzte Geist, der danach noch steht, ist der Gewinner bzw. die Gewinnerin und erntet das Preisgeld. Die bei solchen Veranstaltungen gespielten DJ-Mixe haben Kult-Status. Es kann aber auch einiges schief gehen. Bei der Verwendung von inkompetenten DJ-Mixen während des Duels kann es zu schweren psychischen Schädigungen kommen – bis hin zum kompletten Verschwinden aus der hiesigen Realität. Hier und da wurde wohl auch bewusst versucht, genau das mit solchen Musikuntermalungen zu erreichen. So jedenfalls beschreibt das die einzige Quelle zu diesen Psychedelic Duellen, und diese Quelle, das sind seltsamer Weise Rapid Eye Electronics Ltd selbst. Hmmmm? Wir hatten unterdessen einen Anrufer, der sich selbst ein Lied gewünscht hat - und warum nicht? Er sagt es auch selbst an: **09. PARATONNERRE: RAIN ON MY PARADE | DEMO TAPE [E]** ↑↑↑ PARATONNERRE - das Wort steht für Blitzableiter. Tatsächlich gibt es gleich zwei Bands in Frankreich, die diesen Namen tragen, beide gar nicht schlecht – aber das hier war klar die Feministenpostpunk Band aus Paris mit ihrem Debüt-Release, die haben tatsächlich gerade erst angefangen, zusammen Musik zu machen, und ich hoffe sehr, sie machen weiter! [Alex?] Stilistisch ganz war anderes, energetisch aber im gleichen Department. Hier ist ↓↓↓ **10. Santacruz: Respiraci​ó​n bis 4:40 | Respiraci​ó​n [S]** ↑↑↑ Santacruz AUUUUS Berlin arbeitet schon seit fast 10 Jahren in der industrial Scene bei den verschiedensten Projekten mit. Mir war er erstmals zu der sogenannten Pandemiezeit aufgefallen, wo er vor laufender Videokamera solche Stücke komplett live mit seinen Elektron-Maschinen performte und ich bin mir sicher, dieses neue Stück hier, ist auch auf diese Weise in mehr oder weniger einem Rutsch entstanden. Ihr müsst jetzt stark sein, liebe Hörer:innen, wir nehmen schon wieder einen radikalen Style-Wechsel vor - diesmal hin zum französischen Chanson: Hier sind ↓↓↓ **11. Anadol & Marie Klock: Sirop amer [SIEHRUH-AMÄRCH] (la goule) | La grande accumulation [accumälaziong] [A]** ↑↑↑ Die beiden haben sich vor zwei Jahren auf einem Festival in England kennen gelernt, fanden sich und ihre Kunst symphatisch und haben dann kurzerhand auf einer türkischen Insel, auf der es nur so von Katzen gewimmelt haben soll, dieses Album aufgenommen. Was mir ja sehr zusagt, ist die Stilistik, die wohl vor allem Anadol zu verantworten hat, aber vielleicht täusche ich mich da auch. Da werden schlicht fast ausschließlich billige Einsteigerkeyboards aus den 80er Jahren verwendet – also die mit den eingebauten Lautsprechern von den letzten Seiten vom Otto Katalog. Insofern durchaus ähnlich wie Schlammpeitziger oder zum Teil die Welttraumforscher, aber dieser sehr spezifelle Lofi-Sound wird hier gar nicht so in den Vordergrund gestellt, sondern erfüllt nur einen harmonischen Zweck. Und so anheimelnd diese Harmonien sein mögen, der Text ist es gar nicht, der Text ist regelrecht verstörend, geht es doch um einen Goul, der Eure Seele vermodern lässt, indem er Eier in Euren Träumen ablegt. [OMG] Ja und damit wären wir am Ende von dieser Radio Irrtum! Sendung. Mein Name ist Herr Irrtum! und Ihr findet mich, die Playlist und das Manuskript zu dieser Sendung im freien Netzwerk Fediverse unter… - @herr_irrtum@s.basspistol.org Aber Moment - einen wunderbaren Track haben wir noch. Der ist noch mal von Schall und Stille aber ganz ganz anders als der Eingangstrack zur Sendung. Letzte Sendung gab es ja bereits Ausschnitte aus einem Interview, was ich mit dem Kopf hinter Schall und Stille, mit Stephan Kleinert geführt habe - das volle Interview findet Ihr im Netz unter slug.vercel.app/irre . Stephan Kleinert, der Mann der sich dazu entschieden hat, die große Stadt zu verlassen und aufs Land zu ziehen, wo er irgendwo im Westerwald auf einem Gnadenhof arbeitet, also da, wo überwiegend Tiere leben können, die vorm Schlachthof gerettet wurden. So kann man vielleicht auch den Projektnamen Schall und Stille verstehen - Schall, vorher, die Stadt und Stille, nachher das Land. Wobei Stephan Kleinert auf dem wohl am 6.12.2024 erscheinendem Album “Malers Hüs” selten allein zugange ist, sondern mit jeder Menge Studiogästen zusammen arbeitet. Das alles fern jeden musikindustriellen Einflusses, alle Tracks sind Creative Commons lizensiert und frei verfügbar. Wobei das Album natürlich auch – z.B. auf Bandcamp – käuflich erworben werden kann, was ich tatsächlich sehr fair und wichtig finde. Am 6.12. zum Erscheinen des Albums gibt es übrigens eine Listening Party – zu erreichen unter malershus.schallundstille.de . Und aus diesem Album spiele ich Euch jetzt… GAR NICHTS. Stattdessen etwas ganz *Rares* und mehr oder weniger *Inoffizielles*; einen Track, den Stephan im November 2024 spontan ins Fediverse gestellt hat und der so minimalistisch wie schön ist. Hier also nochmal Schall und Stille mit ↓↓↓. Danke Euch fürs Zuhören und vielleicht bis zum nächsten Mal, dann kurz vor Weihnachten, Euer Herr Irrtum! **12. Schall und Stille: Spontaneous autumnal piano improvisation | /not officially released/ [O]**