# Radio Irrtum! Special - Raw Chiptune Punk (2024/07) Ja in dieser Stunde bitte mal keine Rage Quits, liebe Hörer:Innen und damit Herzlich Willkommen zu Radio Irrtum! - genau genommen zu einem Radio Irrtum! Special, nämlich dem “Raw Chiptune Punk” Special, bei dem wir neue Chiptunes spielen - aber in ihrer ursprünglichen Form - nämlich DIREKT auf den Chips von zum Teil URALTEN Homecomputern der 80er Jahre. Mein Name ist Herr Irrtum! und all das spielt auf den ganz spezifisch gechipten Frequenzen von Alex Berlin! auf 91 Null (gemeint sind MHz), oder auf DAB+ auf K7D und natürlich im international Stream. Den Begriff Chiptune gab es übrigens vor 1990 noch gar nicht, da sprach man von Computerspielmusik oder Cracker-Intromusik. Und ausgerechnet auf dem Computer Amiga, dessen Soundchip komplett anders funktioniert als die praktisch aller Computern vor und nach ihm, hat sich dann dieser Begriff etabliert, als Musiker versuchten, den Chip nicht wie einen Amiga sondern sehr untypisch wie einen Gameboy klingen zu lassen. ×) Und das klang dann etwa so wie dieser Amiga-Heimcomputer-Chiptune-Track hier, der allerdings ganz frisch von 2024 ist und von NE7 kommt: Friday Feelin’ heißt er [ ×) Anmerkung im Nachhinein: Klar, ein wesentlich entscheidenderer Grund für diese Art von Musik ist der äußerst geringe Speicherbedarf solcher Tunes, vor allem aufgrund ihrer charakteristischen Single Cycle Loops, was sie ideal für die Unterlegung von Cracker Intros machte, die ja dem gecrackten Spiel möglichst keinen Speicherplatz streitig machen sollten. Aber der Name, da bin ich mir sicher, ist inspireriert vom zur gleichen Zeit startenden Gameboy Kult - selbst Amiga Cracker Intros sahen z.T. auf einmal aus wie Gameboy Spiele] **01. ne7(scoopex): friday feelin - ChipChop17 musicdisc by Desire (2024 / Amiga)** ↑↑↑ . Ja die Demoscene, die inzwischen übrigens als Weltkulturerbe anerkannt ist, eine Scene, bei der es darum geht, auf allem, was einen Prozessor und eine Bildausgabe hat, ein visuell berauschendes selbstablaufendes Programm zu programmieren, was idealer Weise im hypnotischen Sync mit auf dem selben Gerät laufender Musik läuft. Und weil diese Geräte gerne mal uralt sind und in der Regel alles andere als geeignet sind, **coole** Musik laufen zu lassen, haben sich die Programier:innen dieser Demoszene so einiges einfallen lassen müssen, damit das trotzdem überzeugend klingt. Und genau um die Musik, die dabei rauskommt, geht es hier in diesem Radio Irrtum! Special. Also *nicht* um Chiptune-Musik, die Ihr zu hören bekommt, wenn Ihr auf dem Spotify-artigen Streamingservice Eures Vertrauens nach “Chiptunes” sucht, dann kommt nämlich sowas hier: **DM DOKURO: Infestation (2020)** Das hat überhaupt nichts mehr mit Chips in alten Spielkonsolen oder Heimcomputern zu tun. Allenfalls etwas von dem alten “Vibe”, so nenne ich das mal, schwingt ein bisschen mit. Und wenn dann doch mal ein NES oder Gameboy-artiger Oldskuhl-SpielkonsolenSound zu hören ist - hier z.B. […] dann kommt das eben nicht von diesem alten Gerät sondern von einem virtuellen Instrument, einem VST z.B., was diesen Sound nachahmt - das ganze Musikstück wird i.d.R. in einer aktuellen DAW produziert, und hat dann auch vom Workflow überhaupt nichts damit zu tun, wie echte Chiptunes kreiert werden, die auf original Hardware laufen - die werden nämlich zumeist in einer Art Spreadsheet Tabelle (manche sprechen auch von Excel Tabelle), einem sogenannten Tracker, regelrecht programmiert. Und genau darum geht es nämlich hier im… [Radio Irrtum! Special] Mein Name ist Herr Irrtum! und Ihr hört diesmal Musik - vom Beeper des Original Spectrum Computers - Music vom Commodore C16/Plus Vier Computer Soundchip, dem TED - Musik vom Atari ST Computer Soundchip “YM2149F“, der so ähnlich auch im Amstrad und im Spektrum 128k finden - Vom C64 “SID” Soundchip, der eigentlich kein Soundchip sondern ein echter Synthesizer ist, der alle anderen bisher genannten Soundchips völlig in den Schatten stellt - Musik vom Amiga Soundchip Paula, der nichts geringeres ist, als ein ausgewachsener Sampler in Chipform und etwas ganz ganz Eigenes ist Und damit das nicht zuuu dröge rüber kommt, machen wir 2 Dinge. Zum einen schalte ich meine Stimme in den 8bit Samplemodus eines Amiga, sooooooo… und zum anderen werden wir, wenn Raum dazu ist, im Hintergrund die Musicdisk, also eine Diskette mit Musik drauf, von dem ungarischen Musiker Vincenzo erklingen lassen, die da heißt “Mirrored Inverse Fragments”, 2021 für den wohlklingenden C64 released wurde und mal eben die Musik-Competition “Árok 2021” ganz locker gewonnen hat [Vincenzo (Lethargy ^ Singular Crew): Mirrored Inverse Fragments (C64,2021)] Ich hab Euch vorhin schon gesagt, wie schwer das teilweise ist, einigermaßen coole Musik auf solchen uralten Computern zu machen. Etwa auf dem Original Sinclair Zx Spectrum. Der hatte nur einen *Beeper* eingebaut, der dafür gedacht war, mal so einen typischen Piepton rauszubringen. Als das Gerät 1982 erschien und bald darauf die ersten Spiele dafür, hat man gar nicht erst versucht, damit Musik zu spielen. 3,4 Jahre brauchte es, und erste Programmierer schafften es, durch schnelles Umschalten, 2 Töne auf einmal zu spielen, etwa hier im Spiel Arkanoid von 1986, was aber immer noch grausam klang, hört selbst… [Arkanoid] … und in der Art wirklich nicht cool war. Das sehen aber Andere als Herausforderung an, wie hier der Musiker Shiru aus Moskau, der in den 2010ern gleich mehrere Beeper-Engines für den ZX-Spectrum geschrieben, hat, die diesen Piepser bis zu 30.000 mal pro Sekunde triggern, und dabei weit mehr, als 2 Düt-Sounds zugleich abspielen können. Und der Typ macht dann mit seinen weirden SoftwareEngines auch Musik, und die hört sich ausgesprochen amtlich an - hier ist er, Shiru, mit “Catching up” von 2022. **02. Shiru (1Bit Warriors): Catching up - from Shiru's 1bit Music Compilation Vol.2 (2022 orig. Spectrum48k)** ↑↑↑ Hat er sehr cool hinbekommen auf diesem Spectrum Beeper von 1982, der eigentlich nur dafür gedacht war, hin und wieder ein monophones “Düüt” auf dem rudimentären 8bit Gerät auszugeben. Man kann aber auch ausgesprochen phunky Musik auf einem Kanal machen - also mit einer Stimme gleichzeitig, so wie etwa auf einer Flöte, ohne dabei mehrere Stimmen zu faken, sofern man einen echten Synthesizer hat - so wie er im C64 von 1982 eingebaut ist, mit dem man Sounds schnell mal umschalten kann und die dann geschickt hintereinander setzt. Wenn das gut gemacht ist, merkt man als Hörer:in nicht, dass man eigentlich immer nur einen Ton zur gleichen Zeit wahrnimmt. Ein Meister in diesem Fach ist Linus, eigentlich Sascha Zeidler aus Kleve, von der C64-Demo Gruppe Censor Design, und der hat 2020 diesen 1 Channel Hammer rausgehauen: ↓↓↓ **03. Linus (Sascha Zeidler aus Kleve / Censor Design): Grandpa Only Went to Topless Beaches (C64, 1 channel no filter - 2020)** ^^^ All das auf nur einem der 3 Klangkanäle des C64 Computers von 1982; zudem nutzt er bewusst nicht alle Features dessen Synthesizer Chips; Linus verzichtet hier auf den Einsatz von klangformenden Filtern oder RingModulatoren. Das war übrigens eine Vorgabe der Challenge, innerhalb welcher dieses Lied entstand. Und wenn Ihr nicht glaubt, dass Ihr immer nur einen Ton zur gleichen Zeit gehört habt: Hier ist mal dieser Ausschnitt… [...] In Zeitlupe. [...] Und damit wechseln wir von der Ein-Kanal Musik zur 2 Kanalmusik - genaugenommen der des C16/Plus4 Commodore Heimcomputers, dem *kleinen* Bruder des C64, der nur von 1984 bis 1985 produziert wurde. Der Chip kann nur 2 Rechtecksignale in beliebigen Tonhöhen und Lautstärken ausgeben (immerhin - das ist wichtig für Echos), oder wahlweise Rauschen. Yeah. So klang das damals, 1987 im Spiel Terra Nova. [Terra Nova]. Da wird sich bemüht. Immerhin. Aber so klingt das heute, wenn man einen der profiliertesten Scene Musiker ranlässt, auch wenn der eigentlich aus der Amiga Scene bekannt ist – hier ist der unvergleichliche H0ffman aus den UK auf dem C16 2-Kanal Chip mit **Phosphorizer** **04. Hoffman (Loonies & Logicoma) - Phosphorizer (4kb Intro)** [Alex] ^^^ Auf dem 8bit Commodore C16/Plus 4 System. Zu H0ffman kommen wir dann noch mal in der Amiga Sektion. Jetzt kommen wir zu einem deutlich besseren Chip, nämlich dem “YM2149F“ vom 16bit Heimcomputer Atari ST aus dem Jahr 1985, der eigentlich nur ein ganz wenig aufgemotzter Rebrand eines General Instruments Chips aus dem Jahr 1978 ist, den es auch in den 8bit Rechnern Amstrad CPC (in Deutschland Schneider CPC) und ZX Spectrum 128k gab. Ja, da hat Atari gnadenlos gespart. Immerhin kommt der Chip mit 3 Kanälen, die Rechteckwellen ausgeben können, einer davon zusätzlich Rauschen. Das besondere an dem Chip aber ist, dass er mit Lautstärke-Hüllkurven arbeitet, ADSR envelope genannt. Jeder Ton hat also eine Anschwingphase Attack A, eine Abklingphase, Decay D und Sustain S, und den Moment nach dem Loslassen, Release R. ADSR. Man man damit Klänge (leider immer noch nur Rechteckwellen) langsam anschwellen lassen, wie bei Flächen, aber auch kurz und perkussiv formen wie eine Bongo. Dass dieses ADSR Feature noch viel mehr Gamechanger ist, als man zunächst denkt, erkläre ich Euch gleich, hier ist erstmal, wie der Chip 1987 klang, im ersten technisch und grafisch vorzeigbaren Atari ST Spiel Goldrunner. [Goldrunner] Ja, hier nutzt jemand den AtariST Soundtrack schon ganz gut mit all den Features, die die Hardware zur Verfügung stellt, und dieser jemand ist niemand Geringeres als der schnauzbärtige Rob Hubbard, der wohl erste Computerspielmusik-Superstar, der es vor allem Mitte der 80er im C64 Bereich zu Ruhm und Ehre gebracht hat. [Alex] Zum C64 kommen wir später, erstmal bleiben wir beim YM2149F Sound des Atari ST. Und diesen ADSR Lautstärke Hüllkurven. Die lassen sich nämlich per Code rasend schnell triggern - 100e oder gar 1000e Mal pro Sekunde - also im hörbaren Frequenzbereich! Und damit lässt sich quasi auf atomarer Sinus bzw. hier Rechteckzyklus-Ebene, das ursprüngliche Rechtecksignal des Chips umformen und modulieren. Und plötzlich sind Sägezahnwellen, Pulsweitenmodulation, RingModulation und sogar rudimentäre FM Synthesis möglich - auf Kosten von Rechenzeit, die dafür aber immer noch überschaubar ist. Fachleute fassen diese Technik unter dem Begriff Buzzer-Sounds zusammen. Genug der Theorie, jetzt hackt STU von den YM Rockers mit all diesen Techniken den Chip mit seinem Track “Insane Level.” **05. STU (Drop Da Bomb / YM Rockerz): Insane Level (YM-Rockerz - "Seven" Atari ST, 2011)** STU war das von Drop Da Bomb sowie dem YM Rockerz Kollektiv mit “Insane Level” von 2011. Schön war das, wie er da den Atari ST Chip derart gehackt hat, dass er völlig neue Klänge produziert hat. [ --- The following Section was originally in, had to cut it. Time :( --- ] Und weil das so schön war, gleich noch jemand von den Atari ST Experten des YM Rockerz Kollektiv - hier sind … **06. Cylo + Cerror (Xyce / YM Rockerz): Basses (from\_YM\_Rockerz\_-\_Faker\_Bashing\_2019, Atari ST(E))** [ ------------------------------------------------------------ cut over ---] [spezial] ^^^ Und damit genug Atari ST Chip Mucke, wir kommen jetzt zu einem älteren und zudem nur 8bittigen Computer, der aber mit einem fetten Soundchip ausgestattet ist, der eigentlich ein waschechter Synthesizer ist. Der mit seinen 3 Stimmen, Bandpass-, Hi pass- und natürlich Low pass Resonanzfiltern, diversen Waveformen (also nicht nur Rechteckwellen), Pulsweitenmodulation, RingModulation und Sync deutlich mehr leistet als die lediglich monophone Roland TB 303, und dabei mitsamt Computer sogar deutlich weniger kostet. Die Rede ist natürlich vom C64 und seinem SID Chip. Der HeimComputer war derart erfolgreich, dass bis heute viele Menschen seinen charakteristischen Sound mit typischer Klassischer ComputerspielMusik assoziieren. Aber dafür steht dieser SID Chip (SID, wie Sound Interface Device) eben gerade nicht, weil er mit den genannten Synthesizerfunktionen weit über das hinausgeht, was selbst bei den auf Gaming spezialisierten 8Bit Spielkonsolen wie Nintendo NES, Gameboy oder Sega Master System an Sound möglich war. Nur dass sein unglaubliches Potential erst nach Jahren erkannt und ausgereizt wurde, und er in seiner Peakzeit Mitte der 80er dann doch nur für völlig unspektakuläre Klänge eingesetzt wurde . Heute sieht das anders aus, heute kann man das Gerät von 1982 unverändert z.B. als Acid Machine nutzen, so wie das LMan, eigentlich Markus Klein von den Maniacs of Noise jetzt demonstriert mit seinem Track “Amazing Discoveries”. **06. LMan (Markus-Klein - Maniacs of Noise): Amazing Discoveries (c64, 2019)** ^^^ . Neben u.a. Resonanzfiltern und Ringmodulation kamen hier übrigens ganz dezent Samples mit zum Einsatz sowie ein neulich entdecktes Feature, mit dessen Hilfe sich der C64 selbst samplen kann, um Echos zu erzeugen Und das, obwohl der C64 gar nichts zum Sample Wiedergeben hat. Und doch schafft man das. Lange Zeit über das Knacksen, was bei Lautstärkeänderungen auftritt - dann in 4 Bit, seit kurzem über geschickte Pulsweitenmodulation in effektiv 7 Bit Auflösung. Und damit schafft es der Brotkasten sogar, rudimentäre Amiga Mods (zum Amiga kommen wir später) parallel zur Musik des eigenen Sid Chips abzuspielen, dann ist aber fast alle Rechenleistung des 0.97Mhz 8Bitters erschöpft. Wie das dann klingt, demonstriert Euch jetzt der derzeit sicherlich beste und vielseitigste C64 Musiker. Aus Tichau in Polen kommt er, Jammer heißt er - und Cuts’n’Pieces ist der Track, den Ihr jetzt von ihm hört ↓↓↓ **08. Jammer: Cuts'n'Pieces (Techno Compo 2023 Music competition, C64)** Könnte man in der Form nicht mal mehr auf einem Amiga Homecomputer ohne weiteres machen… Das war Jammer mit Cuts’n’Pieces von 1923 auf einem handelsüblichen C64, wo er alle Register zieht, die auf diesem Computer, der 1982 rauskam, soundtechnisch möglich sind. [Alex] Und damit sind wir in der zweiten Hälfte angekommen von… [Chiptunespecial] Mein Name ist Herr Irrtum, und in der zweiten Hälfte dieser Sendung wird sich fast alles um den 16 Bit Kreativ Computer Commodore AMIGA drehen, der 1985 auf den Markt kam und dessen Soundhardware praktisch unverändert bis zum unrühmlichen Ende von Commodore Mitte der 90er Jahre in den Amiga Geräten eingebaut war. Was diesen (in Anführungszeichen) “Soundchip”, ,namens Paula, so besonders und einzigartig macht, ist, dass es kein herkömmlicher Soundchip ist, der ein paar Rechteckwellen rausblasted, wie es bei den meisten 8- und 16Bit Homecomputern und Spielkonsolen der 80er der Fall war. Es war auch kein Synthesizer wie der im C64. Denn da gibt es keine stufenlos regulierbare Resonanzfilter. Auch FM Synthese, wie später auf einem Megadrive konnte man damit nicht machen (zum Glück! möchte ich mal sagen, so grausam wie FM meist klingt). Denn das Teil im Amiga war tatsächlich ein echter Sampler. Der *vier* digitale 8bit-Klänge gleichzeitig mit einer Samplingfrequenz von maximal 30Khz in beliebigen Tonhöhen im Bereich von 3 Oktaven abspielen konnte. Die einzige Grenze war der Speicherplatz. Und ähnlich wie beim C64 dauerte es viele Jahre, bis das unglaubliche Potential dieser Technik von Musiker:innen erkannt wurde. So klang AmigaMusik 3 Jahre nach dem Erscheinen, also Anfang 1988, erstmal so… [amiga: extensor 1988] Erst ab den frühen 90ern eroberte der Amiga zunächst die Technoszene und bald darauf die noch junge Jungle- und Drum’ n Base Szene. Für letztere war er sogar prägend. Anders als beim C64 haben sich mit dem Amiga Musiker:innen tatsächlich vom Image der Game-Musik loslösen können und sind direkt in die Clubs eingestiegen. Mir fallen da Leute wie Hardsequencer bzw. Hardy Hard aus der Technoszene ein, der mit Oktalyzer einen Software Hack benutzte, der statt 4 gleich 8 Sample-Stimmen gleichzeitig auf dem Amiga abspielte (wir hören diesen Herrn aus Freital im Hintergrund mit so einem 8-Kanal-Stück aus dem Jahr 1993), - im Fall von Hardsequencer - wurden sogar z.T. 2 Amigas synchronisiert, so dass 16 Kanäle zur Verfügung standen. Diese Technik nutzten übrigens auch Dex & Jonesey aus den UK, die über eine Millionen Scheiben verkauften - produziert allein mit dem Amiga-internen Soundchip. Und sehr schnell kamen die ersten Jungle- und Drum-n-Bass Tracks aus den UK, vor allem Gavin King aka DJ Aphrodite ist da zu nennen, aber auch Electro Artists wie Legowelt oder IDM Leute wie Kschzt (vorher Melow-D), oder der weit seiner Zeit voraus gewesene Brothomstates (in der Scene hieß er Dune). Auf dem C64 war das nicht so, da fällt mir allenfalls Goto80 ein, der das schaffte. Natürlich gibt es auch C64-Superstars wie Chris Hülsbeck - aber den assoziiert man halt immer mit dem c64 Spiel Giana Sisters, dieser C64-Sphere sind er und auch die anderen C64-Größen wie Rob Hubbard nie so richtig entkommen. Welle Erdball? Ach nö, Kinders, nö. Aber der Amiga konnte mit seinem herzhaft rauen 8Bit-Samplesound nicht nur in den Clubs der 90er punkten, er konnte überhaupt auch… Ganz. Anders. Hier ist Dreamer aus Polen mit **09. dreamer(Andrzej Dragan): Folxvagen (Amiga, 1994)** Jooohaaa, das war Dreamer, eigentlich Andrzej Dragan aus Polen mit Folxvagen aus dem Jahre 1994 und direkt vom Commodore Amiga Heimcomputer. Alles lief da über Samples, also hat man gesampelt bis der Arzt oder aber der Anwalt kam, im Folgenden zum Beispiel von George Clinton: Hier ist Bacalao aus der Schweiz mit “Play for me George” **10. Bacalao: play 4 me george (Amiga, 1995)** ↑↑↑ Und mit George ist natürlich der Funk-Musiker George Clinton gemeint, der nicht verwandt ist mit Bill Clinton… all das auf dem Commodore Amiga und in dem Falle aus dem Jahr 1995. Übrigens auch cool, wie hier Bacalao auch ein Nine Inch Nails Sample in einen völlig anderen Context als im Original gesetzt hat. [Chip Special] Geht es stranger? Aber immer! Und der King der geschmackvollen Strangeness auf dem Amiga, das war zweifelsohne Groo. Hier ist er mit dem geheimnisvollen Kommunikaatio **11. groo (CNCD, Coma): kommunikaatio (Amiga. 1994)** [Alex] ↑↑↑ Ich muss es gestehen. Eigentlich wollte ich ein kleines Special im Special hier einbauen über Groo, dem wahrscheinlich vielseitigsten Scene Musiker der hauptsächlich auf dem Amiga arbeitete. Von Amiga Pop, über wirklich genialen Techno, über eigenwilligen Jazz bis hin zu Postpunk hat er zwischen 1993 und 1996 eine bemerkenswerte Entwicklung hingelegt, nicht nur mit so eigenwilligen Tracks, wie wir gerade gehört haben, sondern mit durchaus eingängigen Liedern, trotz ihres individuellen Styles. Nicht umsonst zählte er damals als Mitglied der Kultgruppe CNCD zu den absoluten Topstars der Demoscene. Aber nach 1996 war er plötzlich weg und ward nie wieder gesehen. Spurlos verschwunden. Es gibt Gerüchte, dass er ein musikalisches Zuhause in einer Sun RA artigen Space Jazz Band gefunden haben soll und das würde zumindest zu seinen späteren Tracks passen. Warum also nicht mehr von Groo in dieser Sendung? Weil ich Euch noch so viel andere Sachen aus der Amigawelt zeigen will! Wie hier, ich versprechs Euch, ein letztes weirdes Stück, hier ist uas dem Jahr 1998 **11 muffler - OST for SHEMA (Nah-Kolor, 64k-Intro, 1998)** Muffler aus Finnland, übrigens einer der Leute, die auch außerhalb der Amiga Scene einen guten Namen haben. Und ebenen hörten wir gerade mit ↑↑↑. All das kommt von einem Amiga Computer und ja das ist ein 64kb intro. Das ist eine spezielle Disziplin der Demosze, wo man wie üblich ein Feuerwerk an visuellen Effekten mit toller Musik - ähnlich einem Musikvideo - aber in Echtzeit auf einem Computer per Code laufen lässt. Bei einem 64k Intro muss das aber alles zusammen, inklusive der Musik, in – wie der Name schon sagt – 64kb - also z.B. den Speicher eines C64 passen. Und wenn Ihr überlegt, wie viele 1000 KB, also Megabyte dann, ein durchschnittliches MP3 Musik File benötigt, dann wird vielleicht klar, was für eine unglaubliche Meisterschaft hinter solcher Musik steckt. [Chiptune special] Wir bleiben beim Amiga, wir bleiben in der Demo Scene, hier ist der Soundtrack zum vielleicht geschmackvollsten, Form-vollendedsten, most stylish Demo ever auf dem Amiga. Es kommt aus dem Jahr 1999 von Dual Crew Shining, kurz DCS, heißt “Klone” und ist auch heute noch absolut sehenswert. Den Soundtrack haben zwei Leute gemacht: Für den Hauptteil ist Muffler verantwortlich - aber den haben wir ja gerade schon gehört. Bleibt die Musik für den Creditspart, die ist fantastisch gut gelungen ist. Hier ist ↓↓↓ **13. xhale: wierd little town (Dual Crew Shining - Klone, 1999, Amiga)** ↑↑↑ … Und damit katapultieren wir uns wieder in die Jetztzeit, oder fast jedenfalls, nämlich ins Jahr 2020. Und da hören wir… umm… Moment mal, haben wir heute nicht auch… [Saturday] Jaaaa, und passend dazu jetzt also H0ffman mit seinem technischen Amiga Meisterwerk **14. H0ffman: way too rude (2020, Logicoma and Loonies, Amiga)** ↑↑↑ (die lebende Amiga Musik Legende). Und wie vergleichsweise Hifi das auf dem Amiga klingt. Wie kann das sein, insbesondere, wenn man weiß, dass diese Musik KOMPLETT in ein 64KB, also ein 0.064MB Intro passt?! Weil H0ffman hier eine Art Software-Synthi-Prerenderer nutzt, der die verwendeten Samples erst beim Start des Intros errechnet und dann den Amiga Speicher damit voll schreibt. Komplett ausgepackt stehen dann plötzlich über 512 KB an Sampledaten im Speicher des Amiga. Für die Voice- und Drumloopsamples wird er sicher eine Art MP3 Compression verwendet haben, die dann aber auch “entpackt” werden muss, damit der Amiga sie spielen kann. Wahnsinn. Und damit sind wir am Ende von diesem Radio Irrtum! Special über echten Chiptune-Punk. Mein Name ist Herr Irrtum! und Ihr findet mich sowie die Playlist zu dieser Sendung im freien Netzwerk Fediverse unter… https://s.basspistol.org/@herr_irrtum Aber das allerletzte Wort in dieser Sendung ist noch nicht gesprochen! Einen Track haben wir noch und er kommt NICHT vom Amiga sondern noch mal vom C64. Er kommt von einem der absoluten C64-Soundmeister, nämlich Psych858o aus Polen. Es ist ein wunderbar ruhiger Track namens Non Blonde Traveller aus dem Jahre 2019. Und wenn Euch die Harmonien irgendwie unterschwellig bekannt vorkommen, könnt Ihr ja noch mal drüber nachdenken, warum der Track *Non Blonde* Traveller heißt. Hmmm? Ich danke Euch allen sehr fürs Zuhören und freue mich auf das nächste Mal in 4 Wochen mit einer neuen Ausgabe von Radio Irrtum! Bis dahin, gehabt Euch wohl, Euer Herr Irrtum! **15. Psych858o: Non Blonde Traveller (C64, 2019)**