Radio Irrtum 2024/06 - Friese Web! Jaja, Digitalisierung, Cloud, AI – alles dabei. Wenn *das* die unter 5% Partei FDP wüsste, wie das hier *läuft* bei uns… bei Radio Irrtum! Mein Name ist Herr Irrtum! Und all das spielt (natürlich komplett KI-frei, nur um das nochmal klar zu stellen) auf den präzise digitalisierten Frequenzen von Alex Berlin auf 91 NULL und nicht nur da auf FM in der Einheit MHz, sondern auch auf DAB+ rund um Berlin und da auf K7D und natürlich im international Stream. Was in der nächsten Stunde hier läuft, erzähle ich Euch nach dem ersten Track und der bringt Euch wohlige Oldskuhl Beats, hier kommt… **01. The Stone Fox: Slave To The Rhythm | New Contender [S]** Slave to the Rhythm war das, aber NICHT von Grace Jones, sondern von The Stone Fox aus Australien von der Single “New Contender”, der für die Digitale Variante dieses *einen* Tracks mal eben *über 600.- €* (!) auf Bandcamp verlangt - und anderswo kriegt Ihr das nicht digital.Hmm hmm hmm. Hintergrund solcher Aktionen ist, dass die Anbieter ihre physischen Medien wie Vinyl, Kassetten oder CDs loskriegen wollen – und das ist ja tatsächlich nicht unproblematisch – man muss da als Label vorschießen und weiß aber vorher gar nicht, wie viele das kaufen werden. Wie so oft eigentlich, egal in welchem Business. Aber dann die digitale Variante dermaßen abzuwürgen; ich fürchte, da schießt das Label nicht nur sich, sondern vor allem seinen Künstlern gehörig ins Knie. Aber von Knieschüssen sehen wir mal ab, hier bei… [Tellerrand] genau… Und dann schauen wir mal, was uns innerhalb dieser Stunde noch so erwartet. Da kommen u.a. noch - Fusion Rap, als wären Rage against the Machine wieder da - Wir legen einen Schwerpunkt auf die Fedivision, der ironisch gebrochenen Antwort des freien sozialen Netzwerks Fediverse auf den gefürchteten EuroVision Song Contest, mit echten Musiker:innen ohne millionenschwere Industrie-Producer im Rücken - Wir haben sicke, und zwar wirklich sicke Halftime Bass Tracks dabei - großartiges left wing Harsh Noize aus Düsseldorf - experimentellen Jazz aus Köln - recht viel IDM, auch mit Flavors wie Musique Concrete - Sludge Metal auuuuuus Berlin - Punk aus verschiedenen Richtungen - und Acapella aus dem Baskenland Und reicht uns das? NEIN! Deswegen, wenn es sich anbietet, im Background noch Musik von Matthewdavid aus Kalifornien aus seinem Album “Uncleared” (was sicherlich so heißt, weil er einfach keinen Bock mehr auf Sample-Clearing hatte, sondern einfach nur Musik raushauen will)... und da hören wir mal ganz kurz rein: [play] Ja - und ansonsten gibz jetzt was auf die Löffel, nämlich in Form von ↓↓↓ **02. The Jonny Halifax Invocation: Thank You | Thank You [S]** ↑↑↑ Und das ist ungewohntes Terrain für den Einzelkämpfer hinter The Jonny Halifax Invocation, der sich eben Jonny Halifax zu nennen pflegt, der aus der Londoner Blues-Szene kommt und der eigentlich als Erfinder des Acid Blues gilt, einer eigenwilligeren Variante des Cosmic Jazz. Hier klingt er jedenfalls mehr nach Rage against the machine als alles andere, aber das sei ihm gegönnt – Musiker:innen sollten immer das machen, was ihnen Spaß macht und nicht das, was von ihnen erwartet wird, sonst droht ihnen, die Kunst wegzusterben. Finde ich jedenfalls. Und jetzt zu etwas ganz anderem - ich hatte es schon angekündigt - in dieser Radio-Irrtum!-Sendung gibt es immer wieder mal Musik aus dem Fedivision Contest, dem Musiker:innen Wettstreit im freien sozialen Netzwerk Fediverse, der sich als ironische Antwort auf den blank polierten EuroVision Song Contest versteht - diesmal mit echten Künstler:innen aus Fleisch und Blut und ohne fette Musikindustrie-Producer im Rücken. Ich werde hier nichts aus den Top 10 dieses Wettbewerbs spielen, Top10 sind ja immer die langweiligeren Sachen (konkret in diesem Jahr mit exakt einer Ausnahme, nämlich den fantastischen Schall und Stille, die wir schon ein paar mal in dieser Sendung hatten). Nein wir leuchten hier Bereiche aus, wo ziemlich unbekannte Musiker:Innen etwas stilistisch Neues und Ungewohntes versuchen - oder aber, einfach nur Spaß haben, wie der nächste junge Mensch - und das ist Moule, schon wieder so ein Australier, und dessen Cyber-Disco-Hammer “Webpunks”. Und warum eigentlich gerade jetzt, gerade heute? Deswegen: [Saturday] **03. Moule: Webpunks | Fedivision 2024 [VA]** [Alex] Vorher, das war ↑↑↑ Moule, der kommt aus Perth in Australien, also der coolen Stadt, die offenbar ein Nest für Kreative ist, Your best friend jippy kommt ja auch von genau da. Seit mindestens 2016 ist Moule schon musikalisch aktiv und wenn man sich allgemein für EDM, also electronic dance music, begeistern kann, dann ist man bei Moule direkt an der richtigen Adresse. Und jetzt wird es richtig fies, jetzt kommt [bass] Und zwar in Form von ↓↓↓ **04. Radiant: The Pursuit | Riser Theme / The Pursuit [S]** ↑↑↑ Radiant ist ein Neuzugang beim verdienstvollen Hamburger Basslabel “Saturate”; seit 3 Jahren ist der Mann, der tatsächlich aus Virginia in den USA stammt, allerdings schon auf Soundcloud durch seine extravaganten Bass-Releases aufgefallen. Geht es in diesem Bereich noch fieser? Aber jaaaa! Per experimental bass von ↓↓↓ **05. Abelation: Into The Beyond | Into The Beyond [S]** ↑↑↑ Abelation, eigentlich Reese Downes stammt aus Kalifornien, ist seit 2018 auf der Bühne des “Dub style bass mit trap beeinflussten beats” aufgetaucht und galt damals bereits als eine Art Bass-Wunderkind - gerade eben wegen seines neuartigen unkonventionellen Styles, von dem Ihr Euch sicherlich gerade überzeugen konntet. Und geht es noch heftiger - aber klar, dann reicht Bass allein stilistisch nicht mehr aus… [Ear Destroyer] Hier sind aus Düsseldorf ↓↓↓ **06. 100blumen: 15 Druid [ab 1:50s] | Live @ WGT Noisefloors [A]** [Wow] Jaha, *live* waren das die “100 Blumen” aus Düsseldorf mit “15 Druids” aus ihrem Album ↑↑↑ . Freue mich ja sehr, Euch hier endlich mal einen ordentlichen Harsh-Noise Track anbieten zu können, denn das Genre ist nicht unbedingt gut besetzt aktuell. Vor allem tendieren viele der Akteure zu einer gewissen Right-Wing Lage - und umsomehr freue ich mich, dass 100 Blumen auf diesem Album auch ganz explizit gegen Nazis und Kapitalismus antreten. Das zum einen ist schon mal super und überhaupt dieses Album: Ausgesprochen Klasse und sehr zu empfehlen. Da muss man sich auch erstmal wieder abregen und runterkommen – und das machen wir, wie immer hier auf Radio Irrtum! - ganz ganz stilvoll. Und zwar mit Jazz der hauptsächlich in Köln beheimatet ist: Hier kommt für Euch **07. Esla Trio: Minimal | Landscapes [A]** [Alex] Vorher. das war das war ein Ausschnitt aus dem Track ↑↑↑ . Die setzen sich zusammen aus dem federführenden Pianisten LUCA HOHMANN, dem Kontrabassisten Jonas Gerigk, und noch einem Jonas, dem Drummer Jonas Kaltenbach. Ich hatte das Glück, die 3 live erleben zu können - und was für ein Hammer, vor allem durch den ungewöhnlichen Zugang zu den Instrumenten. Der Drummer z.B. nutzte das Gestell des zufällig neben ihm aufgebauten Lautsprechers gleich mit, dem Kontrabass wurden kehlkopfgesang-artige Obertöne entlockt und der Pianist spielte schon mal die Tasten, ohne dabei das Piano zu triggern - man konnte also nur das Anschlaggeräusch der Tasten und sonst nichts hören. Solche Ansätze wünsche ich mir ja auch bei Live-Performances von Rockbands und nicht nur beim Esla Trio – aber ich darf ja noch träumen hier bei: [Radio Irrtum] Mein Name ist Herr Irrtum! und wir sind bereits mittendrin in der zweiten Hälfte und da gibt es - weitere Tracks aus der Fedivision Competition - diverse IDM Tracks - Sludge Metal auuuuuus Berlin - Punk aus verschiedenen Richtungen - und Solo-ACapella Musik aus dem Baskenland Wir kommen zu einer wie ich finde begnadeten Künstlerin aus Berlin, hier ist **08. Lunafacious: Invoking Fairies | Fedivision 2024 [VA]** ↑↑↑ Was für eine Stimme, was für ein Track. Lunafacious aus Berlin traut sich erst seit ein zwei Jahren, Musik zu veröffentlichen, und ich finde, das ist ein guter Schritt. Sie versteht sich als queere Feministin und macht im Übrigen, wenn es um Kunst geht, nicht nur Musik sondern auch Grafik. Und ich sags Euch mal so ins Gesicht wie es ist: Diese Mutter zweier Kinder ist, wie so *viele* (!) andere auch in diesem in Starr-Angst vor der FDP von SPD und Grünen regierten Wohlstandsstaat, einem der reichsten Länder der Welt, armutsbetroffen. Als jemand, der hier im Prenzlauerberg jeden Tag vom schamlos zur Schau gestellten Reichtum der hier lebenden Zugezogenen angebrüllt wird, finde ich das abgrundtief beschämend. Ich würde mich sehr freuen, wenn Ihr auf Bandcamp nach “Lunafacious” sucht und vielleicht eines ihrer Alben kauft. Leider *singt* sie da bisher nicht, aber zum Beispiel ihr Album “Dreams of an Apocalyptic Past​/​Present​/​Future” ist großartige unkalte IDM Ware, allein schon wegen des dort enthaltenen Tracks “Käfer”. Und glaubt mir, ich würde das nicht sagen, wenn es nicht wirklich gut wäre. Wir bleiben experimentell – hier kommt das Projekt ↓↓↓ **09. First international egg slicer orchestra ("E|S|O"): Boiling Fragments | The Second Trip (Nelson Wreckley's Solidary Yellowprint Tapes) [A]** Einen längeren Projektnamen hatten wir noch nicht in Radio Irrtum! - das war ↑↑↑ . Das ganze ist ein Projekt des verdienten Oldenburger Kulturfunktionärs Herr Penschuk (er hat dabei allerdings diverse Mitstreiter), und dieses Orchester hat sogar ein Manifest: Mit ihrem Motto “Alle Subventionen bannen” möchten sie paradoxer Weise den Kulturbetrieb fördern und setzen sich intensivst dafür ein, dass jeder Bürger einen Eierschneider bekommt. Und natürlich nutzt ein solches Orchester die freie Creative Commons License für seine Stücke. Ob Scott Smiegiel aus Kalifornien mit dem Konzept des deutschen Wirtschaftswunder-Eierschneiders vertraut ist, weiß ich nicht; aber auf jeden Fall sind auch ihm weder die Creative Commons noch experimentellere Klanglandschaften fremd. Hier ist er zu hören mit… **10. Scott Smigiel: When the Darkness Found Us | Fedivision 2024 [VA]** [Alex] Und Ihr hört Radio Irrtum, mein Name ist Herr Irrtum! und vor dem Jingle das war ↑↑↑ , Seit 2017 hat er sich einen Namen in der kalifornischen freien Creative Commons MusikScene gemacht und sieht sich da als Vertreter des “post-kevorkian boogie core”. Ja! Haben wir das auch geklärt. Zeit für die etwas härtere Gangart, hier kommen auuuuus Berlin Brackwasser Knipp und welches Lied genau, das erklärt Euch jetzt unser treuer Hörer Dieter. Dieter – bitterschön! [Dieter] **11. Brackwasser Knipp: Civiliter Mortuus |Blutrunst Mob [A]** ↑↑↑ Ja, endlich mal ordentlich Sludge Metal aus Berlin. Und auch noch in Form einer Ein-Mann-Armee. Und der Herr dahinter ist nicht nur in dieser Art von Formation, nein, er spielt auch noch in der sympathischen Berliner Formation “Leistungsträger” als Basserist. Damit sind wir mittendrin im [PUNK] und ich empfehle Euch, haltet Euch jetzt die Ohren zu - so laut wars noch nie bei Radio Irrtum! hier kommen ↓↓↓ **12. 208: Desires | Possession [E]** [OMG] ↑↑↑ - aus Italien - aus Teramo kommen die und wisst Ihr, wieso das so laut ist?: Die haben ihr Kassettengerät direkt an den voll aufgedrehten Verstärker geklebt und aufgenommen. Ganz schön brutal. Deswegen jetzt etwas gemäßigter und unglaublich ohrwurmiger Eggpunk. Hier sind ↓↓↓ **13. VIRTUAL COMBAT: Fuzz Ripper | Fuzz Ripper​/​Dum Vision [E]** ↑↑↑ aus Australien kommen die und abgesehen von diesem unglaublichen Ohrwürmern, die sie regelmäßig rausbringen, bestechen die Cover ihrer Releases mit seltsamer 80er Retro-Fax-Gerät-Büro-Computerwerbungs-Ästhetik. Wirklich schick! Und schon sind wir beim nächsten, hier ist ↓↓↓ **14. Frederick Yin: Diag | Fedivision 2024 [VA]** ↑↑↑ ein weiteres Werk aus dem Fedivision 2024 Wettbewerb - das hat Frederick Yin aus Michigan, geboren in Shanghai, ausschließlich mit Open Source Software aufgenommen - sowie einem Katzensample aus einer Arbeit, die im Springer-Wissenschaftsverlag publiziert wurde, namens “CatMeows: A Publicly-Available Dataset of Cat Vocalizations”. Und glaubt mir, ich hab ewig gebraucht, das in seinem Stück zu finden… Hier ist es, bei Minute 1.10 - achtet auf den linken Kanal… [play] Und damit sind wir am Ende von Radio Irrtum! … Mein Name ist Herr Irrtum! und Ihr findet mich und auch die Playlist zur Sendung im Fediverse, dem freien Social Network unter * https://s.basspistol.org/@herr_irrtum Bevor wir auseinandergehen, liebe Hörer:innen habe ich noch einen Ausschnitt aus einem Track von der unvergleichlichen Díez aus dem Baskenland. Diese arbeitet schon seit längerem nur mit ihrer Stimme, ohne weitere elektronische Hilfsmittel; nicht mal mit einem Backing Track zur Unterstützung – und genaugenommen tut sie das, seit sie denken kann. So schreibt sie mir, dass ihre Eltern sie immer haben vorsingen lassen, wenn Besuch kam, später dann sang sie in irgendwelchen Schulveranstaltungen und so weiter und so fort. Singen ist für sie einfach das Normalste der Welt. Aber die Art und Weise, *wie* sie das tut, ist alles andere als Normal, so voller Wärme, so voller Tiefe, so voller Umarmung. Hört Euch das mal an… ↓↓↓ Und ansonsten Danke Euch fürs Zuhören, gehabt Euch wohl und vielleicht bis in 4 Wochen, da gibts dann ein Special… Soweit erstmal Euer Herr Irrtum! **15. Díez: Son señales [sennjalesth] | Fedivision 2024 [VA]**